Meine Sicht der Dinge
Hier das Interview des Monats im Fachhandelsmagazin: HITEC Handel vom April 2024
Er ist Technikprofi und das mitten auf dem Land kurz vor der Grenze zum Elsass. Seit 1993 präsentiert sich der gelernte Radio- und Fernsehtechniker-Meister in Trulben mit Ladenlokal und Service. Obwohl Michael Wafzig als Unternehmer im Familienbetrieb alle Hände voll zu tun hat, engagiert er sich als Aufsichtsratsvorsitzender in seiner Verbundgruppe telering – und nicht nur da. Mit der hitec-Redaktion sprach Wafzig über die Herausforderungen mittelständischer Unternehmer.
Ist man als Nahversorger im ländlichen Raum eher Händler oder mehr Dienstleister und Handwerker?
In unserem Einzugsgebiet fühlen wir uns als Problemlöser in vielen Belangen. Wir sind Ansprechpartner, wenn es um die Anschaffung neuer Geräte geht, aber genauso, wenn Reparatur-, Installations- oder Wartungsarbeiten anstehen. Unsere Meinung ist gefragt und oft werden unsere Produktempfehlungen oder Lösungsvorschläge angenommen.
Wie wichtig ist für Sie als kleiner Familienbetrieb der Auftritt mit eigenem Ladenlokal?
Für uns ist ein Ladenlokal Grundlage für gute Beratung im persönlichen Gespräch, auch im kleinen Betrieb. Eine entsprechende Produktpalette wird von uns vorgehalten und ist direkt greifbar. Unsere Kunden können sich darauf verlassen, dass zu den bekannten Öffnungszeiten ein persönlicher Ansprechpartner anzutreffen ist. Interessierte können Geräte sehen und „anfassen“ und sich ein Bild machen, wie eine Lösung zu Hause aussehen und funktionieren kann.
Wie findet man auf dem flachen Land denn qualifiziertes Personal?
Das ist tatsächlich schwierig. Zum einen ist der „Run“ auf das Handwerk nicht riesig, zum anderen kämpfen wir auch gegen ein meiner Meinung nach unberechtigtes, schlechtes Image im Handwerk. In vielen Köpfen existiert ein Bild vom immer schmutzigen, körperlich schwer arbeitenden, schlecht bezahlten Handwerkern. Das ist mit unseren modernen Handwerksberufen gar nicht mehr deckungsgleich. Wir haben traditionelle Berufe, die heute mit Hightech ausgeführt werden. Und wir haben gerade auf dem Land auch die Situation, dass junge Menschen nicht immer mobil sind. Eine flexible ÖPNV-Versorgung existiert nicht.
Beim alten telering Markenauftritt „Immer Qualität“ waren Sie nicht dabei, bei „Technik Profi“ haben Sie sofort mitgemacht – warum?
Ich bin ehrlich: Wir konnten uns im alten telering Markenauftritt gar nicht finden. Bei der neuen Variante verbinden unsere Kunden Elektro- und Elektronik-Fachleute mit uns als Handwerker und Ansprechpartner. Wir werden als Technik-Profis erkannt und anerkannt. Viele Kunden sprechen uns positiv auf die Veränderung unseres Erscheinungsbildes an. Somit hat offensichtlich die Zentrale
die richtigen Weichen gestellt und letztlich haben wir auch richtig gehandelt.
Sie engagieren sich als Aufsichtsratsvorsitzender in Ihrer Verbundgruppe, in der Handwerkskammer vor Ort und sind auch sonst vereinsmäßig aktiv – warum investieren Sie als Unternehmer hier so viel Zeit?
Weil das Unternehmerdasein nicht alles ist. Ich versuche trotz Selbständigkeit im ehrenamtlichen und privaten Bereich auch da zu sein und dort auch Verantwortung zu übernehmen. Als Ausgleich zur Arbeit ist mir das wichtig. Ich habe auch in allen Vereinen und Gremien Menschen kennengelernt, die es wert sind, mit ihnen Zeit zu verbringen. Ich finde dort einen guten Austausch mit Leuten aus der Branche und auch aus ganz anderen Lebensbereichen. Eines ist mir schon lange klar geworden: Man geht niemals „dümmer“ aus einer Sitzung heraus, als man in eine Sitzung reingeht.
Auf der Großhandelsseite hat sich in der telering, beziehungsweise Weltfunk, in den letzten Monaten einiges getan, Ihr bisheriger Großhandelspartner hat die Gruppe verlassen. Wie klappt es denn jetzt mit Betreuung und Lieferung?
Erfreulicherweise sehr gut. Wir Fachhändler fühlen uns, was uns selbst angeht und was ich höre, gut durch die Mainzer Zentrale beraten. Es gibt bei Fragen rund um die Kooperation immer ein offenes Ohr. Glücklicherweise gibt es auch andere Großhändler, die in unserem Gebiet aktiv sind. Hier werden wir auch täglich beliefert, haben feste Ansprechpartner für die verschiedenen Bereiche, können ein gutes Weiterbildungsangebot nutzen usw. Also hier sind wir rundum zufrieden. Die Reduktion der Großhandelspartner kam für alle überraschend und ist auch noch immer ein großes Thema. Es bereitet dem Team in Mainz viel Arbeit und beschäftigt alle noch sehr. Hier hat man aber schnell reagiert und klärt die Fachhändler auch in regionalen Treffs auf bzw. gibt Hilfestellungen bei
offenen Fragen.
Ist Ihre Verbundgruppe zukunftssicher aufgestellt?
Grundsätzlich muss man feststellen, dass der Bedarf am Fachhandel nach wie vor riesig ist. Neben allem Internethandel etc. braucht es doch am Ende des Tages Menschen, die mit Menschen sprechen, Bedürfnisse klären, Angebote machen, Arbeiten ausführen usw. Auf unsere Gruppe heruntergebrochen sehe ich es wie folgt: Wenn die Zusammenarbeit mit dem Großhandel und der Industrie fortgeführt wird, sehe ich keine großen Probleme für die Zukunft der Verbundgruppe. Wir haben ja auch wache Köpfe, die Entwicklungen erkennen und auf diese reagieren können.
Wenn Sie von der derzeit verhaltenen Marktentwicklung bei Home und Consumer Electronics hören: Merken Sie das auch in Ihrem Geschäft?
Glücklicherweise können wir momentan noch keine großen Auswirkungen einer Marktschwäche erkennen. Vielleicht ist es da tatsächlich vorteilhaft im ländlich geprägten Bereich zu agieren. Hier kommen Veränderungen oft erst etwas später an. Durch den Wegfall einiger Händler im Einsatzgebiet ist da für uns noch sehr viel zu tun.
Sie setzen auf Lieferanten wie Miele und Siemens, TechniSat und Metz. Kann man mit der „Hardware“ überhaupt noch Geld verdienen?
Nur mit unseren zusätzlichen Dienstleistungen wie Installation, Bedienungserläuterung, Wartung und Reparatur lässt es sich gut leben. Dieser „Rundum-Service“ ist unsere größte Existenzberechtigung. Nachhaltige, langlebige Produkte stehen bei unseren Kunden im Fokus. Das können wir beispielsweise mit TechniSat, Metz und so weiter guten Gewissens umsetzen.
Wie wichtig sind Markennamen für Ihre Kunden?
Die Kunden, die gute Erfahrungen mit Markenprodukten gemacht haben, greifen auch wieder darauf zu. Bei den Mitnahmeartikeln und Kleingeräten wird weniger Wert auf Markennamen gelegt. Daneben gibt es aber auch Waren, die für längere Nutzungszeiten angeschafft werden. Da setzen unsere Kunden oft auf bekannte Marken.
Wie finden Sie es, wenn Hersteller auch direkt an Ihre Kunden verkaufen?
Das ist der Zahn der Zeit und natürlich nachvollziehbar. Jeder will am Gesamtmarkt partizipieren. Wir als Fachhandel messen einem mehrstufigen Vertrieb eine große Bedeutung bei. Wir Händler vor Ort mit Lagerunterstützung durch den Großhandel in Verbindung mit guter Verfügbarkeit von Ware und Fachhandelsgeräten sind Grundlage für eine zuverlässige Versorgung unserer Kunden.
Wenn Sie mit Kollegen diskutieren: Das Jammern wird lauter, oder?
„Wenn ein Pfälzer leise bis mittellaut jammert, ist das fast ein Ausdruck von Zufriedenheit. Wenn er nicht schimpft, ist das ein Lob.“ Ja, es wird stellenweise gejammert. Dass früher alles besser war, wissen wir auch. Ich glaube, dass das Niveau unseres Jammerns immer noch hoch ist. Wir haben einerseits natürlich Probleme, wie zum Beispiel Fachkräftemangel, Nachwuchs, Übernahme und
Weiterführung von Betrieben, Handelsspannen, Energiekosten und Bürokratie, andererseits haben wir eine gesunde Mischung aus Planung, Verkauf, Installation, Reparatur und Kundenbetreuung, die uns Spaß macht.
Warum soll sich heute ein junger Mensch in unserer Branche selbständig machen?
Hier gibt es mehrere Gründe: Es gibt zig Betriebsinhaber, die eine Nachfolge suchen. Es ist bei entsprechender Qualifizierung recht einfach, bestehende Unternehmen fortzuführen. Es ist möglich, auch als Selbständiger Beruf, Freizeit und Familie zu vereinen. Der Bedarf an cleveren Handwerkern wird auch künftig nicht kleiner werden. Es gibt so viele Bereiche, in denen man erfolgreich arbeiten kann, zum Beispiel Smart Home-Themen, Alarmsysteme, Kameratechnik, der EDV-Bereich neben
den klassischen Themen wie Braune Ware und Weiße Ware. Wer hier engagiert ist, wird mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auch Erfolg haben.
Sehen wir uns auf der IFA in Berlin?
Ja, sehr gerne. Da neben dem allgemeinen Interesse an der Messe auch unsere Jahreshauptveranstaltung der Verbundgruppe auf der IFA stattfinden wird, sind wir wieder vor Ort dabei. Wir freuen uns jetzt schon auf den Austausch mit anderen Akteuren unserer Branche und sind gespannt was es Neues zu entdecken gibt.
Herr Wafzig, vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen gestellt hat: Joachim Dünkelmann j.duenkelmann@hitec-magazin.de
